Texte

 

 

ÜBER MEINE ARBEIT

>Malen ist mit der Welt und den Dingen reden, ist sich ihrem Eindruck Hingeben und Antwortgeben ihrer Erscheinung. Malen ist den Standpunkt der Welt und den Dingen gegenüber ständig neu bestimmen – in diesem Hingeben und Antwortgeben.

Malen ist der einnehmenden Welt und der reißenden Zeit etwas Bestimmendes und Bestimmtes entgegensetzen. Malen ist aus der Zeit treten. Es ist Reden mit mir selbst, ist Hineingraben in mir unbekannte, unerkannte Bereiche, ist Aufbrechen verschlossener Türen oder Warten auf das Selbstöffnen derselben.

Malen ist Betrachten, Staunen, Fragen, ist Schaffen in einem Akt der Ergriffenheit.

Malen ist den Dingen ihr verlorenes Wesen zurückgeben und die Welt und sich selbst immer wieder neu errichten. Malen ist ein Geheimnis, und der Mensch stolpert, wenn er versucht, dies zu lüften.<

 Lydia Dürr

 

  

 

Lydia Dürr sagt nicht, sie malt, was der junge Böckl malen wollte. Sie tut es aus eigener Kraft. Was sie als Malerin sieht, setzt sie ins BIldhafte um. Sie ist nicht mehr Analytikerin, sie beruft sich nicht auf Cezanne. Gestalten bekommen ein malerisch determiniertes Gewicht, und im Verein mit Atmosphäre und Raum werden Verwandtschaften und Gegensätze eine aus der Farbe entwickelte EInheit. Alles leuchtet im Farbblitz des Geistes hell auf: Emotionen, Erlebnisse werden wach, dingen ins Bewusstsein. Lydia Dürr's Malerei ist ein Hymnus auf die Welt.

                                                                                                     

Prof. Heimo Kuchling 2004

Für Lydia Dürr!

 

Die Vorliebe für das Kraftvolle Elementare kann durchaus als Personalstil von Lydia Dürr gesehen werden. In organischer Entwicklung entsteht eine expressive, analytisch strukturierte Malerei voll zupackender Vitalität, logisch und glaubwürdig, durchaus nachvollziehbar für jeden Betrachter. Als motivische Anregung drängen sich in letzter Zeit vermehrt menschliche Figuren in die bis zuletzt alles beherrschende und jede Abbildungstendenz hinter sich lassende Naturmalerei. Damit eröffnet sich für die Künstlerin das andere zentrale und unerschöpfliche Feld der Darstellung jener Materie, die den bildnerisch begabten Menschen zu allen Zeiten das wichtigste Anliegen gewesen ist.

 

F.X.Ölzant 2008

 

 

 

 

Die Malerin Lydia Dürr schreibt: >Malen ist Betrachten, Staunen, Fragen, ist Schaffen in einem Akt der Liebe und Ergriffenheit.< Dieser Satz sagt, wenn auch nicht direkt, aus, dass die Malerin, selbst Mutter, im >Reich der Mütter<, wie es Goethe verstand, arbeitet. Bevor Dürr Mutter war, war ihre Malerei vom Betrachten und Staunen über die Natur, wie sie sich ihren Blicken darbot, bestimmt, aber es kündigte sich schon-nicht zart, nicht zögernd-dasBedürfnis an, dem Wunder, dem sie gegenüberstand, ein Werk zu schaffen, das selbst ein Wunder ist. Das eine ruft nach dem Anregenden, aber doch dem bildhaften Entgegensetzen: Natur erleben und Bild sollen eine Einheit werden, im Bild soll deutlich werden, wie intensiv das Erleben der Natur war, das zum Bilde führte. Erleben und Natur sind nicht zwei verschiedene Größen, sondern, Bild geworden, eine einzige Größe.

Nachdem sie Mutter geworden war, tritt ihre Antwort auf die Frage, was Natur eigentlich ist, in den Vordergrund. Die Frage ist von einem Menschen gestellt, und die Antwort gibt ein Mensch, der intensiv erlebt.

Die Antwort gibt ein Mensch, der malt. Malen ist kein passiver Akt, sondern ein aktiver. Es soll ja nicht etwas >abgemalt< werden, sondern es soll Erlebtes gemalt werden. Erlebtes kommt nur zur Geltung, wenn das Erleben Ausgangspunkt des Schaffens ist. Als Malerin ist Lydia Dürr der Farbe ausgeliefert: Die Farbigkeit ist von der Art des Erlebens geprägt. Die Farbe der Sonne, des Schattens, der Vegetation, die Farben  von Erde und Himmel sind nicht unbestimmt, sondern überaus bestimmt: sie leuchten, weil Leuchten ein Ausdruck der Farbe ist. Weil die Farben Dinge sichtbar machen, leuchten auch Dinge.

Leuchtende Farben verlangen nach Figuration, die dem Leuchten ebenbürtig ist. Wie die Farbe Erleben erst ausdrückt, wenn ihre Besonderheiten wirken, wird eine Gestalt erst dann Form, wenn sie dem Charakter der Farbe gleichkommt. Wie die unzählbaren Farbtöne in der Natur auf wenige, überschaubare, aber kräftig leuchtende Farben reduziert werden, erfährt die Gestalt eine Formung, die der Reduktion, der Überschaubarkeit, der Leuchtkraft und der Intensität der Farbigkeit weitgehend entspricht. So ist eine aggressiv gezackte Muschel hell, und im Leib eines Menschen leuchtet neben Erd- und Himmelsfarben ein Grün auf, das Ruhe ausströmt.

Ein Abbild der Natur wäre passiv. Fragen an die Natur stellen, ist aktiv, und die Fragen beantwortet eine schöpferische Malerin.

 

Heimo Kuchling 2010

 

 

NATUR

Ist Natur nur dazu da, damit die Lebensmittelindustrie sich auf >bio< berufen kann und damit den >Konsumenten< blendet und verblendet, oder dazu, dass sich der in einem >Job< Eingespannte vom Alltag, von der Notwendigkeit , möglichst viel Geld zu verdienen, >erholen< kann? Erschöpft sich das >Leben< in einem Geld bringenden >Job< und in der Erholung von einem Sklavendienst?

Die Natur hat eine Kraft, die in den Menschen einstrahlt, die ihn stärkt, und die durch nichts ersetzt werden kann. Der Mensch ist ein von seiner Umwelt losgerissener Teil, und deshalb trachtet er danach, Folgen zu überwinden.

Die Folgen können durch nichts anderes kompensiert werden, als dadurch, dass Natur nicht negiert,sondern als Quell des Lebens anerkannt wird. Der Abstand des Menschen von der Natur ermöglicht es ihm - ja macht es notwendig - sie so zu formen, dass sie ein unverlierbares Gut wird.

Ihr Erleben löst ein Gefühl aus, das der Psyche zugesprochen wird, und es gründlich auszusprechen, ist ein Akt des künstlerischen Formens. Das Gefühl wird von Erscheinungen der Natur ausgelöst, und das Formulieren löst ein >bildnerisches Denken< aus, wie Paul Klee sagte. Der Grad des Ineinandergreifens von Gefühl und Formulieren hängt von der Kraft des bildnerischen Denkens ab: nur dieses ist eine Analogie zur Kraft der Natur, nur der formende Mensch - der Künstler - kann ihr gerecht werden, kann sie so aufnehmen, dass sie geistiges Gut wird. Sie ist nicht an die Zeit gebunden - sie gründet im >Reich der Mütter< ebenso wie im >Uralten<.

 

Lydia Dürr ist ein Mensch, der ohne Natur nicht leben kann, und daher fühlt sie sich als Malerin von Innen  her  verpflichtet. Sie sucht nicht das >Schöne< in ihr, aber sie will die Kraft, die sie ihr offenbart, bildhaft bannen.

Ein winterlich kahler Laubbaum in voller Kraft steht auf beschneitem Boden, hinter dem sich ein schneereicher Hang erhebt, vor dem ein kleiner Baum steht. Die Bäume betonen die Höhe und Breite der Bildfläche - machen Raum zum Erlebnis. Tiefblaue Berge heben sich deutlich von hellen, gelb und blau schimmernden Schneeflächen ab. Ein hellblauer Himmel zeigt einen unendlichen Raum an, der den endlichen Raum der Landschaft überwölbt. Die Baumstämme wie der Wald in der Bildtiefe haben gebrochene Farben, die den Gegensatz Kalt - Warm und Hell - Dunkel erträglich machen.

Primär ist Lydia Dürr eine Malerin, aber gerade als solche ist sie auf eine Figuration angewiesen, die der Farbe gleichkommt: wie die Farben Realität aussagen, sagen sie auch die Kurven aus. Gemeinsam mit den Farben bilden sie eine rhythmisch gegliederte Figuration, die der Darstellung Festigkeit verleiht und die die Bildfläche in eine hohe bildhafte Spannung versetzt.

Ist das Motiv nur schön? Nicht allein die Farben, sondern auch ihre Begrenzungen schaffen einen in sich festgefügten und in sich stimmigen, einen lebendigen Bau, und dieser unterscheidet das Bild vom Motiv, dessen Formung es auslöste.

 

Gewiss: die Natur ist erhaben, sie ist schön. Aber nicht nur deshalb, weil eine sonnenbeschienene >heile< Landschaft schön anmutet, sondern vor allem deshalb, weil es ein Fangzahn ist. Die Natur sagt: ich bin mächtiger als Du. Die Natur ist schön, ist aber auch eine harte Herrin. Sie ist zweigesichtig: sie ist in den Augen des Menschen schön, dringt aber gerade deshalb als überwältigende Kraft in sein Wesen ein. Wie die Natur hat auch das Bild, in dem sie aufscheint, zwei Gesichter. Diese sind jedoch ineinander verschmolzen: aus dem Bilde spricht die Kraft des Geistes, die innere Zusammenhänge, Form schafft.

 

Gerade dieses Bild ist ein Zeugnis dafür, daß die Darstellung von Naturmotiven nicht >passé< ist.

 

 

Prof. Heimo Kuchling 2010

 

Malen ist mit der Welt und den Dingen reden,

 

sich ihrem Eindruck hingeben und

 

Antwortgeben ihrer Erscheinung,

 

den Standpunkt der Welt und den Dingen gegenüber

 

ständig neu bestimmen -

 

in diesem Hingeben und Antwortgeben.

 

Malen ist der einnehmenden Welt und der reißenden Zeit

 

etwas Bestimmtes und Bestimmendes entgegenzusetzen.

 

Malen ist aus der Zeit treten,

 

ist reden mit mir selbst, hineingraben in mir unbekannte, unerkannte Bereiche,

 

ist aufbrechen verschlossener Türen,

 

oder warten auf das Selbstöffnen derselben.

 

Malen ist betrachten, staunen, fragen,

 

schaffen in einem Akt der Liebe und Ergriffenheit.

 

Malen ist den Dingen ihr verlorenes Wesen zurückgeben

 

und die Welt und sich selber immer wieder neu errichten.

 

Malen ist ein Geheimnis, und der Mensch stolpert,

 

wenn er versucht dies zu lüften.

 

 

MALEREI ALS DROGE

 

Die Ergriffenheit in Liebe ist einer der schönsten Zustände, die ich kenne. Das Betrachten einer inneren oder äußeren Welt mit bewegtem Herzen und zusammengekniffenen Augen macht eine andere Welt sichtbar, eine für mich realere und mächtigere Welt, eine, die für mich fruchtbar ist, weil ich sie erschaffe, und sie mich erschafft und mich an ihr wachsen lässt. Diese Zwischenwelt zu beleben, belebt mich. Es ist ein Sichtbarmachen einer für das bloße Auge unsichtbaren Welt. 

Aber was ist schon das Auge ohne das Brennen der Seele? 

Das Brennen, das die Dinge in der ihnen eigenen Wahrheit sieht, das sie zum Ursprung zurückführt , ihnen die Würde des ungebrochenen Lebens wiederschenkt, und sie in die Heiligkeit des Moments des Erschaffenwerdens bannt und mit diesem Potential anreichert.

 

 

DEINE BILDER SIND KEIN SPAZIERGANG

 

Mit diesem Gedanken machte Pichl Peter, ein Malerkollege, mir die Heftigkeit der Bilder erst so richtig bewusst. Ja, die Leinwand ist mein Spiegel, das Spieglein auf der Staffelei, das mich entblößt und zur Stellungnahme zwingt - im höchsten Sinne. Alles Vorübergehende, alle Maskerade, alle Illusion fällt ab. Im Destillationsprozeß heißt es Farbe - Wahrheit bekennen. Hier auf der Leinwand gelten keine Ausreden, keine Blindgänge, kein Schwamm drüber, das wäre alles sichtbar, aber nicht anzusehen. Der Spiegel fordert mich auf das Leben selbst zu feiern, und nur das Leben in seiner höchsten Intensität. 

 So zwingen die Bilder gleichzeitig den Betrachter zu seiner Wahrheit Stellung zu beziehen. 

Nach so einem Trip sind meine Lebensbatterien wieder voll und geordnet. Und sie werden es immer mehr. Sie strukturieren sich zunehmend nach den Gesetzen des Lebens. 

 

 

EIN BILD HAT MACHT

 

In Verbindung mit den beschriebenen Kräften wird ein Bild zum "Lichtträger", Informationspool, zum Transformator für menschliches Bewusstsein. Es belebt und erhellt - im gelungenen Fall - auf sinnliche und genussvolle Art und Weise. 

 

Im Nachsinnen, sich drauf Einlassen, wenn das Herz des Betrachters zum Mund für den eigenen Energiepool wird, kann das Bild eine der wichtigsten Aufgaben erfüllen , es kann -und soll -  nähren. 

Mehr und mehr erfasst mich jenes "Zwischenreich", das nur in einer optischen Schieflage gesehen und genossen werden kann, indem ich alles Handhabbare, vieles Sichere und scheinbar Wichtige auf meinem Weg zurücklasse. Mehr und mehr segle ich auf den Wogen des  Inner - Realen und finde dort Halt und Boden für mein Leben. 

Besucher sind auf eine Odyssee mit offenem Ausgang herzlich eingeladen.

 

 

Lydia Dürr 2013